Robotik in der Pflege, ist das unsere Zukunft?

Ich komme nach Hause. Der Saugroboter fährt die letzten Meter und saugt die letzten Krümel vom Boden. Staubsaugen muss ich heute nicht mehr.

Ich werfe mein Gemüse in meine hoch intelligente Küchenmaschine und drücke auf Start. Ab und zu werfe ich noch ein paar Gewürze oder andere Zutaten nach, den Rest macht sie selbständig. Ich muss nicht daneben stehen und rühren.
Und während das Essen kocht, gehe ich mit meinem Sprachcomputer meine Termine durch. Was wird hinzugefügt und was erwartet mich in den kommenden Tagen?
Und ich muss sagen, auf sie ist Verlass. Sie sagt mir sogar, wenn ich einen Zeitslot doppelt vergeben habe und fragt, welchen Termin sie mir stattdessen eintragen darf.


Nachdem ich gegessen habe, brauche ich ein bisschen Ruhe. Eine kurze Pause. Einfach mal durchatmen. Mir ist nach Fahrstuhlmusik. „…erinnere mich in 20 Minuten aufzustehen, spiele Entspannungsmusik“ Und schon ertönen Waldklänge aus der kleinen Box vor mir und ich weiß, ich habe jetzt 20 Minuten Zeit, mich darauf einzulassen.

Ich könnte jetzt ewig so weitermachen aber pausiere meine kleine digitale Reise erst einmal und sage:

„Willkommen in 2022“

Wir tauchen immer tiefer in digitale Welten, immer mehr Abhängigkeit von Systemen, Computern und allem, was die Technik uns aktuell bietet. Es hat sich so viel verändert und es verändert uns. Machen wir einen kurzen Ausflug in meine Kindheit.

Ich bin ein Kind der 70er

Wir spielten in Baumhäusern, wurden nicht angerufen wenn wir zu spät nach Hause kamen, wir mussten unsere Termine oder „Dates“ mit Freunden viele Tage vorher ausmachen und uns dann auch selbst daran erinnern. Wir haben einfach an der Tür der Freunde geklingelt und gefragt, ob wir etwas zusammen unternehmen wollen. Telefon gab es keins. Ich erinnere mich an unser erstes Telefon. Mit Schnur die nicht lang war. Die Gespräche waren es auch nicht. Weil jede Minute so unfassbar viel Geld gekostet hat.

Wir leben in einer sehr schnellebigen Zeit, werden gesteuert von Digitalisierung, von Systemen, von unserem Umfeld. Wir messen uns eher am Erfolg anderer als an unserem eigenen. Wir lassen uns mitnehmen auf Reisen auf die wir gar nicht gehen wollen, lassen uns Idealbilder schaffen, die es so gar nicht gibt. 

Eine neue Generation. Wir müssen diese Generation sensibel behandeln. Uns auf sie einlassen. Dürfen nicht immer von uns ausgehen, nicht werten, nicht urteilen. Wir sollten sie an die Hand nehmen und uns von ihr an die Hand nehmen lassen. Um diese neue Zeit verstehen zu lernen. 

Robotik oder Roboter in der Pflege? 

Mein erstes Gespräch zu diesem Thema hatte ich vor ca. 2 Jahren mit einem Freund. Er war damals schon absolut dafür, intelligente Systeme in der Pflege einzusetzen. Ich war klar dagegen. In meiner Welt war es unmöglich, einen Mensch durch einen Roboter zu ersetzten. Aber muss es das? Würden wir ersetzt werden oder könnte es tatsächlich unsere Pflegezukunft nachhaltig verändern? Positiv?

Im März 2020 veröffentlichte der Ethikrat eine Stellungnahme dazu. (zur Stellungnahme)

Dort las ich, dass die Ethikkomission klar in der Definition unterscheidet. Es ist ein Unterschied ob wir von Pflegerobotern oder von Robotik in der Pflege sprechen. Ein Roboter würde nach Ansicht der Ethikkomission auf der gleichen Stufe wie eine Pflegefachkraft stehen und damit Personal ersetzen. Robotik unterstützt. 

Fakt ist doch, wir haben Fachkräftemangel und die Lage spitzt sich weiter zu. 

Laut Statistisches Bundesamt fehlen bis 2030 2 Millionen Fachkräte, darunter ca. 500.000 Pflegekräfte.

Wir sollten uns tatsächlich an den Gedanken gewöhnen, Robotik in der Pflege einzusetzten. Es gibt bereits in Deutschland positive Projekte mit Robotern in der Langzeitpflege. Das größte Problem der Akzeptanz wird laut Medienberichten in der Implementierung in soziale und emotionale Bereiche der Pflege gesehen. Sollen Menschen ihre emotionalen uns sozialen Bedürfnisse überwiegend im Umgang mit Robotern stillen? Kann man überhaupt eine emotionale Bindung zu einem Roboter herstellen?

Diese Frage kann und will ich gar nicht explizit beantworten, nehme Euch aber zu einem kleinen Ausflug mit. 

Beispiel 1: „Als ich Jugendlich war, gab es diese kleinen Tiere in einem Ei. Tamagotchis. Ich habe mich darum gekümmert als wäre es echt. Wenn es hungrig war, wurde es gefüttert, wenn es schmutzig war, gewaschen. Dies geschah immer mit einem oder zwei Knopfdrücken. Ich fühlte mich für ein kleines Häufchen Blech verantwortlich. Es hatte einen Namen, ich verbrachte viel Zeit mit ihm und ich begann, es zu mögen. Und ich wollte, dass es lebt. Obwohl mir klar war, dass ich es jederzeit wieder neu starten kann.“

Beispiel 2: Wer mich kennt der weiss, ich liebe Technik. Und ich zocke gern. Seit vielen Monaten verbringe ich Zeit damit, (mal regelmäßig und mal unregelmäßig) eine Figur über eine Insel laufen zu lassen die ich mir virtuell erschaffen habe. Animal Crossing. Und ja, ich habe ein Art verbindung zu dieser Figur und auch zu den Nachbarn die mit mir auf dieser Insel wohnen. Diese Nachbarn können Gefühle haben, interagieren mit mir und können Emotionen bei mir auslösen. Und manchmal bekomme ich wirklich ein schlechtes Gewissen, wenn ich dort jemanden zum weinen gebracht habe. Oder wenn das Essen nicht geschmeckt hat. Oder…oder..oder“

Warum ich euch das erzähle? Weil es eben möglich ist, Gefühle einem Roboter gegenüber aufzubauen.

Was spricht also dageben wenn Roboter in der Pflege dem Patienten/Bewohner/Klienten aus der Tageszeitung vorliest? Ihm ein Wasser bringt? Oder Tiergeräusche von sich gibt? Wellenrauschen? Oder wenn sich beide miteinander unterhalten? Was spricht dagegen, dass wir intelligente Systeme haben, die uns beim Lagern oder der Ausgabe von Medikamenten unterstützen? Was spricht dagegen, intelligente Systeme dort einzusetzen wo sie uns durchaus auch mal ersetzten können?

Wisst ihr, ich bin inzwischen davon überzeugt, dass uns Robotik in der Pflege helfen kann. Die Einsatzgebiete sind riesig. Zwar werden sie den Pflegenotstand nicht stoppen, uns aber ein Stück weit entlasten. 

Welche Roboter würden dafür in Frage kommen?

Der Ethikrat unterscheidet hier zwischen 3 Systemen 

  • Assistenzroboter unterstützen Pflegende und Gepflegte bei alltäglichen Verrichtungen. Sie entlasten Pflegekräfte bei körperlich anstrengenden Tätigkeiten oder können die Angewiesenheit auf stationäre Pflege bei Menschen mit steigendem Pflegebedarf hinauszögern. Beispiele: intelligentes Bett, Exoskelett zur Fortbewegung.
  • Monitoring-Techniken können ein selbstbestimmtes Leben im heimischen Umfeld unterstützen, indem sie etwa Körperfunktionen, wie Puls, Zuckerspiegel oder Blutdruck, sensorbasiert aus der Ferne überwachen oder rasche Hilfe im Notfall, etwa bei einem Sturz, gewährleisten.
  • Soziale Begleitroboter, etwa in Gestalt von Kuscheltieren wie die Robbe „Paro“, assistieren bei zwischenmenschlichen Interaktionen oder dienen selbst als Interaktionspartner und sollen vor allem kommunikative und emotionale Bedürfnisse erfüllen. (Quelle: Ärzteblatt )